Vortrag von Prof. Dr. Annette Wilke, Religionswissenschaftlerin, Münster

Gottesdienst im Hinduismus ist ein Geschehen, das Geist und Sinne erfasst und emotionale Nähe mit dem Göttlichen schafft. Ein Kultbild (murti) ist für die Gläubigen kein lebloser Stein, sondern voller Leben und göttlicher Präsenz.Die Gottheiten werden wie liebe und hohe Gäste verehrt, ihre Kultbilder gebadet und reich geschmückt. Nahrung, Litaneien, sakrale Klänge, Musik sollen den Gott/die Göttin erfreuen und man will die Gottheit sehen und von ihr gesehen werden (darsan). Neben stark sinnlich-ästhetischen Komponenten finden sich auch sehr meditative.

Der Vortrag führt ein in die Gottesverehrung im Hinduismus und in die reichhaltige Bilderwelt und Symbolik indischer Gottheiten, von denen wichtige (wie Ganesha, Vishnu und Shiva sowie Formen der ‚Großen Göttin’ wie Durga und Kali) vorgestellt werden. Es wird gezeigt, wie ihre Kultbilder mit den Augen der Gläubigen ‚gelesen’ werden und ganze Theologien verkörpern. Auch volkstümliche Formen – z. B. Termitenhügel – sollen dabei zur Sprache kommen.

Die Referentin hat zunächst an einer kalifornischen ‚School of Vedanta und Sanskrit’ studiert, dann in der Schweiz Theologie, Religionswissenschaft und Indologie und 1994 in Bern promoviert (Christologie Meister Eckharts im Vergleich zu Sankaras Atmanologie). Seit 1998 ist sie Professorin und Leiterin des Seminars für Allgemeine Religionswissenschaft an der Universität Münster. Ihr Forschungsschwerpunkt ist der Hinduismus, u. a. devotionale und rituelle Praktiken, verbale und nonverbale Kommunikationssysteme und die weiblich-göttliche Macht (Shakti); auch hat sie sich eingehend mit der Hindu-Diaspora in Deutschland beschäftigt. Sie ist am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ beteiligt (Projekt:Globaler Hinduismus – die Chinmaya Mission).