Vortrag von Prof. Dr. Georg Friedrich Pfeffer, Ethnologe, Berlin

Cricket versetzt Hunderte von Millionen indischer Menschen in Begeisterung. Arme wie Reiche, Hindus wie Muslime und Sikhs, nord- wie südindische Männer und Frauen fiebern mit ihren Mannschaften und übertreffen sich an ‚Expertenwissen’ hinsichtlich der Spielführung. Der Vortrag möchte zeigen, wie die Kolonialmacht diesen Sport der einheimischen Elite vermitteln konnte und welche Spielabläufe besonders für Erregung sorgen. Er geht ein auf Innovationen des Spiels und postuliert seine spezifische Philosophie, die in Südasien ganz allgemein Anklang fand, nicht aber in den meisten anderen Kolonien Großbritanniens. Cricket impliziert vorgegebene und grundsätzliche Statusunterschiede innerhalb eines Teams, dessen Spieler in wechselseitiger funktionaler Ergänzung das Geschick des Ganzen bestimmen. In diesem Sinne entspricht Cricket jener Werteordnung, die uns nur sehr oberflächlich als ‚Kastensystem‘ bekannt ist.
Der Referent promovierte 1970 in Freiburg mit dem Thema „Pariagruppen im Pandschab“, habilitierte sich 1976 in Heidelberg mit einer Schrift über „Puris Sasana-Dörfer. Basis einer regionalen Elite“ und war von 1985 bis 2008 Professor für Ethnologie an der Freien Universität Berlin. Seine Forschungsschwerpunkte sind Stammesgesellschaften und Regionalforschung in Indien und Pakistan (Orissa, Sindhu und Punjab) sowie Verwandtschafts-, Herrschafts- und Religionsethnologie.

Vorschau: Zum Thema Cricket in Indien zeigen wir am Freitag 18. Januar 2013 in der VHS Hannover um 17:30 Uhr den preisgekrönten Spielfilm „Es war einmal in Indien – Lagaan“ (Indien 2011, 214 Minuten).